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Biografisches

„Ich hatte erkannt, dass es ein verbrecherischer, völkermörderischer Krieg war.“ Ludwig Baumann

Ludwig Baumann wurde am 13.12.1921 in Hamburg geboren. Er war ein schüchterner Junge mit humanistischen Überzeugungen und einer tiefen Abneigung gegen alles Gewalttätige, Demütigende und Militärische. Bereits mit 14 Jahren begann er eine Maurerlehre. 1936 starb seine Mutter. Nach der Machtübernahme der Nazis verweigerte er den Eintritt in die Hitlerjugend. 1940 wurde er zum Reichsarbeitsdienst nach Ostpreußen beordert, 1941 zur Kriegsmarine einberufen.

Am 3. Juni 1942 desertierte er mit seinem Freund Kurt Oldenburg aus der Hafenkompanie in Bordeaux. Schon am Tag danach wurden sie von einer deutschen Zollstreife an der Grenze zum unbesetzten Teil Frankreichs festgenommen. Obwohl beide schwer bewaffnet waren, leisteten sie keinen Widerstand. Sie waren kriegsmüde und wollten sich einfach nicht an der Tötung anderer Menschen beteiligen. Trotz Folter verriet Ludwig Baumann nicht, wer ihm bei der Flucht geholfen hatte. Monatelang rechnete er in der Todeszelle täglich mit seiner Hinrichtung, bevor er erfuhr, dass die Todesstrafe in eine 12-jährige Zuchthausstrafe umgewandelt war. Er kam als Moorsoldat ins KZ Esterwegen, danach ins Wehrmachtsgefängnis Torgau und schließlich in das Bewährungsbataillon 500 an die Ostfront. Das Vernichtungsprogramm dieses Einsatzes und die NS-Zeit überlebte er schwer traumatisiert.

Nach Kriegsende kehrte Ludwig Baumann nach Hamburg zurück. Die Stimmung gegenüber Deserteuren war feindselig. Er wurde von ehemaligen Wehrmachtssoldaten zusammengeschlagen. Als er sie auf der Polizeiwache anzeigen wollte, wurde er auch noch von Polizisten verprügelt. Ludwig Baumann lernte in Bremen seine Frau Waltraud kennen und versuchte dort einen Neuanfang. Aber in kurzer Zeit vertrank er das nicht unbeträchtliche Erbe, das sein Vater als Tabakgroßhändler erwirtschaftet hatte. Erst als seine Frau bei der Geburt des sechsten Kindes starb, kam er vom Alkohol los. Er zog seine Kinder groß und engagierte sich in der Dritte-Welt-Bewegung.

In der Friedensbewegung der 80-er Jahre fand Ludwig Baumann neue Verbündete. Er begann in Veranstaltungen und Schulen über seine Erlebnisse zu sprechen. 1990 gründete er mit 37 Deserteuren und engagierten Historikern die „Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz“.Um die Aufhebung der Unrechtsurteile der NS-Militärjustiz und die Rehabilitierung aller Opfer zu erreichen, tourte er mit seiner Lebensgeschichte durch Veranstaltungssäle, Schulen und Zeitungsredaktionen. Stets betonte er, dass ihm die gesellschaftliche Rehabilitierung wichtiger sei als die juristische und dass er um späte Gerechtigkeit und Würde kämpfe. In den nächsten Jahren entstanden bundesweit Deserteursdenkmäler. Das Hamburger Institut für Sozialforschung brachte die Legende von der sauberen Wehrmacht mit einer Ausstellung zu deren Verbrechen ins Wanken. 1996 unterstützten zahlreiche Prominente den Vorschlag, Ludwig Baumann mit dem Friedens-Nobelpreis zu ehren. Die gesellschaftliche Rehabilitierung nahm Fahrt auf.

Die juristische Rehabilitierung blockierten CDU/CSU aber noch immer hartnäckig. Als 1998 eine rotgrüne Bundesregierung übernahm, hoffte Ludwig Baumann auf eine schnelle Aufhebung der Urteile. Aber wenig später bombardierte die NATO völkerrechtswidrig Belgrad und das Interesse an einer schnellen Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure war bei SPD und Grünen begrenzt. Ludwig Baumann überzeugte die PDS-Fraktion davon, wortgleich den Gesetzentwurf zur Rehabilitierung einzubringen, mit dem die SPD in der vorigen Wahlperiode gescheitert war. 2002 hob der Bundestag endlich die Urteile wegen Desertion auf, 2009 auch die Urteile wegen Kriegsverrat. 2015 schließlich konnte Ludwig Baumann in seiner Geburtsstadt Hamburg sein letztes Deserteursdenkmal einweihen.

Er starb am 5. Juli 2018 in Bremen.

Ludwig Baumann

Ludwig Baumann vor dem Auswärtigen Amt am 9.9.2011 bei der Kundgebung für die Entschädigung aller NS-Opfer

Ludwig Baumann

Ludwig Baumann am 20.7.2006 im Bendlerblock nach der Kranzniederlegung für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer

www.bv-opfer-ns-militaerjustiz.de

Die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. als gemeinnützig anerkannter Verein, freut sich über finanzielle Unterstützung. Spenden können Sie an:

Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V.
Bankverbindung: Sparkasse Bremen
Kontonummer: 15145915
Bankleitzahl: 29050101

 

Diese Webseite wurde von Freunden und politischen Weggefährten des Bremer Wehrmachtsdeserteurs Ludwig Baumann aus Anlass seines 90. Geburtstages erstellt. Wir möchten allen Besucherinnen dieser Seite einen außergewöhnlichen Menschen vorstellen, den wir für seinen hartnäckigen, humorvollen und geradlinigen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit sehr schätzen.